Oft wird behauptet, dass die kirchliche Sexualmoral leibfeindlich, grausam und für den modernen Menschen unerfüllbar wäre.
Mag sein, dass die kirchliche Sexualmoral in manch einem Jahrhundert leibfeindlich verkündet und verstanden wurde. Dazu gehört ja nicht nur der Sender, sondern auch der Empfänger. Entscheidend ist aber auch der Begriff der Leibfeindlichket in seiner Wandlung durch den jeweiligen moralischen Zustand einer Gesellschaft und deswegen kann man auch hier nicht verallgemeinernd sagen: die Kirche war in diesem und jenem Jahrhundert leibfeindlich.
Es mag auch sein, dass diese spezielle Moral für die meisten Menschen unerfüllbar anmutet, aber andererseits: wenn für uns Menschen alles ohne göttliche Gnade erfüllbar wäre, dann wäre der Himmel bald arbeitslos. Etwas, was nach menschlichem und zeitgeistgetrübtem Verständnis nicht erfüllbar ist, wird durch die Voraussetzung, dass Gott existiert, doch erst so richtig interessant! Hier wird das Wirken Gottes offensichtlich.
Die Lehre der Kirche ist in sich jedenfalls alles andere als leibfeindlich, weder gestern noch heute. Ja das Gegenteil ist der Fall und man muss nicht erst detailliert darauf hinweisen, wie leibfeindlich die weltliche Sexualmoral ist, um sich daran abzuarbeiten. Die Wahrheit steht doch felsenfest und klar vor uns. Zugegeben, manchmal ist man versucht für die Wahrheit die Werbetrommel zu rühren und sofern dies nicht anbiedernd geschieht, ist dagegen auch nichts einzuwenden. Nötig dürfte dies nicht sein, da die Erkenntnis nicht durch Werbung angefacht wird, sondern durch das Erkennen, welches die Bereitschaft dazu voraussetzt. Es reicht meiner Meinung nach völlig aus, den Menschen die Gegebenheiten in der Welt so aufzuzeigen, wie sie sind und ihnen den ohnegleichen größten und besten Arzt – Jesus Christus – vorzustellen. Der Heilung bedürfen wir nämlich sehr. So macht eine zügellose Sexual-„Moral“ aus dem Menschen ein psychisches und physisches Wrack. Dazu braucht man sich nur einmal bei den sogenannten ’sozialen Brennpunkten‘ umsehen, aber auch bei der dekadenten und bessergestellten ‚Society‘. Details erspare ich mir, wie gesagt.
Diese propagierte Laxheit und Zügellosigkeit in der Sexualität bleibt nicht ohne erhebliche negative Folgen. Ein Mensch ist nun mal ein Wesen mit Verstand und Vernunft. Ein Mensch kann sich zwar bewusst seinem eigenen Trieb überlassen, wird dabei aber nie in der Ordnung leben, wie es bei Tieren der Fall ist. Ergo gerät diese Triebhaftigkeit außer Kontrolle und bringt das eigene Leben, aber auch das Leben der Nächsten, in Gefahr. Und ich rede hier noch gar nicht von AIDS.
Wieso will also niemand über diese Gefahren debattieren? Weil die Kirchenlehre über Sexualität und Liebe wie ein dicker Stachel in eine Welt einsticht, die Verantwortungslosigkeit für Freiheit hält? In der Tat. Die kirchliche Sexualmoral steht ohne Konkurrenz in der Welt. Gerade jetzt, wo immer mehr Leute der Sex- und Pornosucht verfallen; wo es immer mehr Fälle von sexuellem Kinderverbrauch in Kinderpornos gibt und man schon denkt, es stünde bald nichts mehr im Wege für die absolute Verantwortungslosigkeit, ja gerade da will die Kirche sich einfach nicht von ihrer Sexualmoral verabschieden. Es entsteht ein Ärgernis. Spannung baut sich bei jenen Hirten und Laien auf, die zwischen Welt und Kirche eine Art Waffenstillstand arrangieren wollen, um die Konsequenzen, die das Christsein mit sich bringt, abzumildern. Aus dieser Spannung heraus entsteht ein Spagat und dieser Spagat gebiert früher oder später den Verrat. Man kann nicht zwei Herren gleichzeitig dienen, also muss man einen davon verraten. Zwangsläufig, obwohl es keine zwingende Logik, sondern göttliche Logik ist. Dies wurde uns in der Heiligen Schrift offenbart.
Und ebenso wie die katholische Ehe, wird momentan auch der priesterliche Zölibat angegriffen. Da ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Menschen erkennen, wie sehr sich die Ehe und der Zölibat doch im Grunde ähneln. Dazu möchte ich aus einer Rezension über das Buch „Die Theologie des Leibes für Anfänger“ zitieren:
Christopher West zeigt auf, dass das Problem, dass Johannes Paul II. in unserer sex-gesättigten Kultur erkennt, also nicht ist, dass sie Körper und Sex überbewertet, sondern im Gegenteil, das Problem ist, dass diese Kultur nicht erkennen kann, wie wertvoll Körper und Sex tatsächlich sind, weil sie zu kurz greift und im Triebhaften steckenbleibt.
Im Weiteren wird die Theologie des Leibes in ihrer Bedeutung für Ehe und Zölibat betrachtet. West schreibt dazu:
“Wie wir sehen, stehen Ehe und Zölibat enger in Verbindung, als sich die meisten Menschen bewusst sind. Beide Berufungen geben eine vollständige Antwort auf den Sinn der Sexualität. Und dieser bedeutet Selbsthingabe nach dem Abbild Gottes. Deshalb sollte es uns nicht verwundern, dass eine Gesellschaft, wenn sie die Sexualität gering schätzt, automatisch die eheliche wie die zölibatäre Berufung gering schätzt. Die sexuelle Revolution des 20. Jahrhunderts hat das wohl demonstrativ gezeigt.”
Es ist wirklich ein großer Gewinn, diese besondere Theologie einmal näher zu betrachten.
Da fällt mir einfach wieder ein, wie reich uns Gott mit seinen Dienern des letzten und des neuen Jahrhunderts beschenkt hat. Es wurde eine unglaubliche Fülle an Freude in dieser Kirche freigesetzt, die von uns noch entdeckt werden muss.