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… Salz der Erde

Archive for 20. Oktober 2009

P. Johannes Baptista Reus SJ – Teil 1

Posted by conservare - 20/10/2009

O Padre Reus

Padre Johannes Baptista Reus, S.J.

(*10.07.1868 – + 21.07.1947)

gestorben in Sao Leopoldo im Rufe der Heiligkeit.

Er wurde am 10.07.1868 in Pottenstein (Oberfranken) geboren. In der Erzdiözese Bamberg war er nach seiner Priesterweihe (30.07.1893) ein Jahr als Kaplan in Neuhaus/Pegnitz tätig. Dann trat er in den Jesuitenorden ein. Sein Wunsch war, in die Mission zu gehen. Nach Abschluss seiner Studien wurde er im Jahre 1900 nach Brasilien gesandt, wo er einige Jahre in den Städten Rio Grande und Sao Leopoldo in der Seelsorge wirkte, bis er seine Hauptaufgabe in der Ausbildung von Priestern und Ordensleuten fand. Padre Reus erlebte dabei keinen besonderen Erfolg und erwarb sich keine außergewöhnlichen Sympathien. Er lebte bescheiden und starb, ohne Aufsehen zu erregen, am 21.07.1947.

Schlagartig mit seinem Tod setzt eine gewaltige Verehrung von Padre Reus ein. Der Zustrom zu seinem Grab kennt kaum einen Vergleich. Man kann sich das nur erklären, wenn man hinter der äußeren Zurückgezogenheit seines bescheidenen Lebens seine innere Größe und Heiligkeit entdeckt.

Aus seinen Tagebuchaufzeichnungen erfahren wir, dass sich Padre Reus von Gott außerordentlich geliebt und begnadigt wußte (durch Visionen, mystische Erlebnisse). Innigst vertraut mit Gott bemühte er sich seinerseits mit rührendstem Eifer um Gehorsam und Treue im Kleinen, um dem Wunsche Gottes zu entsprechen: heilig zu sein, ganz Gott zu gehören.

Wenn Pater Reus von Gott zu besonderer Heiligkeit ausersehen war, dann will uns Gott durch sein Leben auf etwas aufmerksam machen. In den Heiligen kommt die Liebe Gottes zu den Menschen klarer zum Durchbruch. Sie machen die Liebe Gottes zu den Menschen sichtbar und leben uns vor, wie wir Gott lieben sollen. Im Leben eines Heiligen betont Gott auch gerne eine besondere Glaubenswahrheit, die im Bewusstsein der Kirche nicht genügend lebendig ist und gibt damit Antwort auf eine Not der Zeit. In der Glaubensunsicherheit unserer Tage rückt die Glaubenserfahrung von Pater Reus vor allem zwei Wahrheiten ins Licht: Die Berufung zur Heiligkeit und die Würde des Priesterberufes.

Im II. Vatikanischen Konzil haben unsere Bischöfe an die Berufung aller Gläubigen zur Heiligkeit neu und eindringlich erinnert. Padre Reus hat vorgelebt, wie man auch in einem völlig glanz- und erfolgslosen Leben heilig ist, das heißt für Gott lebt und den Menschen durch Freundlichkeit und Güte die Liebe Gottes bezeugt.

Dass Padre Reus als Priester in Brasilien wirkte, einem Land mit einem katastrophalen Priestermangel, dürfte auch als Hinweis auf seine Aufgabe für die Kirche von heute verstanden werden. Im Leben des Pater gibt Gott eine Antwort auf die tiefste Not in der Frage des Priesterberufes, die nicht darin besteht, dass es erschreckend wenig Priester gibt, sondern viel mehr, dass der Sinn des geistlichen Berufes überhaupt in Frage gestellt wird.

Der Priester handelt in der Person Christi, wie das Konzil sagt (Konstitution über die Kirche), und stellt durch sein Leben und Wirken Christus dar. Dies hat Pater Reus als Wirklichkeit erfahren. Und jetzt nach seinem Tod scheint der Pater – wie aus bald 100 000 Gebetserhörungen hervorgeht – die Frage nach dem priesterlichen Wirken in dieser Welt dadurch zu beantworten, dass durch seine Fürsprache viele Menschen die Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit Gottes erfahren und so einen besseren Zugang zu Gott finden.

Die beispielhafte Bedeutung des heiligmäßigen Lebens des Dieners Gottes Johannes Baptist Reus wird in Brasilien (und Teilen der Schweiz) schon viel mehr anerkannt als in Deutschland.

Die ersten Phasen des sonst so langwierigen Seligsprechungsprozesses wurden auffallend rasch abgewickelt; trotzdem lässt sich der weitere Verlauf noch nicht überblicken. Es lag sicher nicht im Sinn von P. Reus, seine Heiligsprechung zu erreichen. Das kann auch nicht das erste Anliegen seiner Verehrung sein. Eine Verehrung erweist sich vielmehr dadurch als echt, dass sie aufgreift, was er beispielhaft vorleben sollte: priesterlich leben für Gott.

Gebet:

Heiliger Gott, in der Taufe gibst Du uns Anteil
an Deinem Leben und berufst uns, Dir zu gehören.
Dein Diener Johannes hat ganz Deiner Liebe
und Ehre gelebt.
Erweise Dich nun herrlich in seinem Wirken
und schenke ihm Deine Herrlichkeit.
Uns aber gib die Gnade,
ihn nachzuahmen im vertrauten Umgang mit Dir
und im eifrigen Werke für Priester- und Ordensberufe.
Durch Christus unseren Herrn. Amen.

Aus einem alten Gebetszettel des Päpstlichen Werk für geistliche Berufe in der Erzdiözese Bamberg

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P. Johannes Baptista Reus SJ – Teil 2

Posted by conservare - 20/10/2009

Johannes Baptis Reus

Ein heiligmäßiger Priester
unserer Zeit

Von P. Ferdinand Baumann, S.J., Rom

Herausgegeben von Michael Schmitt, Pfarrer i.R. in Pottenstein

Johann Baptist Reus wurde am 10. Juli 1868 in Pottenstein in der Fränkischen Schweiz (Erzdiözese Bamberg) als das 8. Kind der Metzgermeisters- und Bauerseheleute Johann Reus und Anna Margareta, geb. Hengel von Regenthal, geboren und am folgenden Tage in der Pfarrkirche getauft. Die angesehenen und vorbildlich christlichen Eltern erreichten ein hohes Alter: der Vater starb am 23.2.1924 im Alter von fast 92 Jahren, die Mutter am 7.3.1907 im 75. Lebensjahre.

Seine Studienlaufbahn bis zur Priesterweihe legte Baptist Reus in Bamberg zurück: Neun Jahre am (damals einzigen) Gymnasium (1880-1889), ein Jahr als Einjährig-Freiwilliger und cand. phil., drei Jahre im Priesterseminar am Maxplatz und an der Theologischen Hochschule. — Mitschüler und Absolutorialzeugnis (1889) rühmen seine „vollkommen tadellose Haltung“ und seinen sehr großen Fleiß, der sich auch auf die orientalischen Sprachen und besonders auf das Arabische erstreckte.

kreuztragender Heiland

Die obenstehend abgebildete Bleizeichnung „Der kreuztragende Heiland“ fertigte er als Schüler des Gymnasiums im Jahre 1888. Am 2.4.92 erhielt er die Subdiakonatsweihe. Der „ideale Alumnus“ nannte jenen Tag seinen Hochzeitstag. In den vorausgehenden Exerzitien schrieb er die sein inniges Verhältnis zum göttlichen Heiland kennzeichnenden Worte nieder: „Wie freue ich mich auf den Tag unserer ewigen Verbindung! Dann habe ich ein Recht auf Dich, Du süßester, liebster, geliebtester Bräutigam, ein Recht auf Deine Liebe, die Du mir nicht vorenthalten wirst, und auch ein Recht auf Deine Leiden, die ich ebenso wenig fürchte wie die Freuden, weil sie von Dir, Du mein Geliebter, kommen. Wie freue ich mich, wenn Du mich an Dein Herz ziehst…!“

In den 30tägigen Exerzitien des 3. Probejahres (1899/1900) — nach dem Noviziat und weiteren Studienjahren in der Gesellschaft Jesu wählte er zum Hauptvorsatz: Dem lieben Heiland auf dem Wege des Kreuzes und der Selbstverleugnung zu folgen, und zwar mit Heldenmut. Er schrieb: „Großes hab ich Deinem hl. Herzen versprochen: die Verachtung lieben! Ich werde es ausführen, von Deiner mächtigen Gnade unterstützt“.

Teilnehmend am Hohenpriestertum Jesu Christi, spricht der geweihte Priester bei der heiligen Messe wirksam ‚in Kraft und an Stelle der Person Christi‘ die Konsekrationsworte „Das ist mein Leib…“ ‚Durch seine priesterliche Handlung leiht er also Christus gleichsam seine Zunge und reicht Ihm seine Hand‘ (Papst Pius XII. im Rundschreiben über die heilige Liturgie vom 20. November 1947).

Darum hatte J. B. Reus eine tiefe Ehrfurcht vor dem Priestertum. Hatte er früher manchmal gedacht: Ich müßte rein sein wie ein Engel Gottes, so schrieb er es in den ersten Exerzitien nach dem Einritt ins Seminar nieder: „Eigentlich müßte ich reiner sein als ein Engel. Da mich Gott durch das Priestertum in gewisser Hinsicht über die Engel stellt, so will ich mich wenigstens befleißen, ihnen an Reinheit, Gehorsam und Dankbarkeit gleichzukommen.“

Am 30. Juli 1893 wurde er mit 17 anderen Diakonen im Dom zu Bamberg durch den Erzbischof Joseph von Schork mit der priesterlichen Würde ausgestattet. Am folgenden Tage, dem Feste des hl. Ignatius von Loyola, feierte er in der Pfarrkirche seiner Heimat unter froher Beteiligung der Bevölkerung das Primizopfer. Seine Gesinnung und das Glück spiegelt wider das Glückwunschtelegramm, das er am gleichen Tage einem ihm vertrauten Kursgenossen sandte: „Sei immer so glücklich wie heute!“

In Brasilien vor allem, aber auch schon in anderen Ländern, wird heute P. Johann Baptist Reus S. J. viel verehrt und angerufen, und er antwortet mit auffallenden Gebetserhörungen. — Am 10. Juli 1868 in dem oberfränkischen Städtchen Pottenstein in Bayern geboren, wurde er als Priester von seinen Ordensoberen im Jahre 1900 nach Südbrasilien geschickt und wirkte dort vor allem im Seminar von S. Leopoldo bis zu seinem Tode am 21. Juli 1947. Alle, die ihn kannten, bewunderten seine aszetische Strenge und seine unleugbar außergewöhnliche Tugend, aber nur ganz wenige wußten etwas von den ganz seltenen und hohen Gebetsgnaden, mit denen Gott auf seine Großmut antwortete und von denen P. Reus selbst einmal schreibt: „Es will mir scheinen (– und dies schreibe ich ebenfalls, weil das hl. Herz Jesu es will –,) daß mein Leben nur dazu da ist, zu zeigen, wie der göttliche Priesterfreund seine Priester liebt und in sein liebendes Herz schließt und von ihnen vor allem eine glühende, alles übersteigende Gegenliebe erwartet.“

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P. Johannes Baptista Reus SJ – Teil 3

Posted by conservare - 20/10/2009

Selbstbiographie und Tagebücher

Der Diener Gottes mußte nämlich im Auftrag seiner zuständigen Vorgesetzten und auf ausdrückliche Weisung des Herrn eine Selbstbiogrpahie und dann ein fortlaufendes Tagebuch schreiben. Es war ihm auch verboten, das Geschriebene zu vernichten, und so wurden nach seinem Tode auch weiteren Kreisen die Wunder der Gnade bekannt, die Gott in ihm gewirkt hatte. Wenn man freilich in diesen Schriften liest, wird derjenige, der P. Reus nicht persönlich kannte, unwillkürlich geneigt sein, zu denken: das könne doch fast unmöglich wahr sein. Wer aber den Diener Gottes kannte, der weiß auch: Wenn je einmal, dann scheint bei ihm jede nur mögliche Bürgschaft menschlicher Glaubwürdigkeit gegeben zu sein; denn P. Reus war nicht bloß ein ausgesprochen nüchterner, ja geradezu trockener und einsilbiger Mann, er war auch das, was man einen „Wahrheitsfanatiker“ nennen könnte. Dazu kommen andere Gründe, die aus seinen Aufzeichnungen sprechen. Jedenfalls haben seine Oberen nicht an der Echtheit der ihm verliehenen Gnaden gezweifelt und ihm deshalb befohlen, sie schriftlich niederzulegen. — Diesen Auftrag bezeichnete der Pater in der Einleitung der Selbstbiographie (die bis zum Jahre 1937 geht) als die „größte Demütigung“ seines ganzen Lebens; doch er wollte Gott „freudig gehorchen, auch in schweren Dingen“ und er dachte dabei auch an das Wort des hl. Paulus (2 Kor 1,11), daß „für die Gaben, die uns um vieler willen verliehen sind, Gott durch viele für uns Dank gesagt“ werde. Im Anschluß an Worte des gleichen Apostels (im Römerbrief 9,1) erklärt er: „Als Diener Christi sage ich die Wahrheit, und der Hl. Geist selbst bestätigt meine Worte in dem Zeugnis meines Gewissens. Dies gilt besonders von den mystischen Vorgängen, die zu erzählen der göttliche Heiland mir befiehlt durch das Wort des Oberen“.

Besondere Sendung

Verhältnismäßig einfach ist der äußere Lebensrahmen, in dem sich das in Gott verborgene Innenleben des Paters abspielte. Nach den Gymnasialstudien und einem Jahr Militärdienst in Bamberg trat J. B. Reus in das dortige Seminar ein und wurde am 30. Juli 1893 zum Priester geweiht. Nach einem Jahr der Landesseelsorge in Neuhaus a. d. Pegnitz ging er in das Noviziat der deutschen Jesuiten, das sich damals in dem alten Kastell Blijenbeck in Holland befand. Auf seine Bitten um Entsendung in die überseeischen Missionen nach Brasilien gesandt, war er von 1901 bis 1914 in den Städten Rio Grande do Sul und S. Leopoldo in der Seelsorge tätig. Von 1914 bis 1947, also 33 Jahre lang wirkte er dann im Seminar von S. Leopoldo (in der Erzdiözse Porto Alegre) als Lehrer und Spiritual.

In der äußeren Arbeit hat der Diener Gottes keine außergewöhnlichen Erfolge erzielt. Ja, es hatte den Anschein, als ob der Herr selbst immer mehr das sichtbare Wirken seines Erwählten einschränke, um ihn desto mehr hinzuweisen auf seine besondere und nicht weniger priesterliche Sendung restlosen Mitopferns und Mitgeopfertseins mit dem ewigen Hohenpriester Christus Jesus in steter und vollkommener Liebe. Die Stellung des Spirituals für seine Ordensmitbrüder hatte er ständig; auch erwarb er sich als Professor der Liturgie und durch sein Lehrbuch „Curso de Liturgia“ großes Ansehen im ganzen portugiesischen Sprachgebiet. Doch in bezug auf sein unmittelbares, äußeres Wirken schrieb P. Reus selbst am 13. November 1918: „Es scheint, das hl. Herz Jesu will von mir nichts als Liebe, Liebe… In diesen letzten Jahren wurde meine äußere Tätigkeit immer mehr eingeschränkt. Vom Pfarrer (in S. Leopoldo) bin ich zum Spiritual des ganzen Seminars geworden. Dann verlor ich die geistliche Leitung der Seminaristen und ihrer Kongregationen. Jetzt wird die Zahl der Beichtkinder immer kleiner… Also liebe! liebe! liebe! Verlaß die Welt und sei nicht niedergedrückt!“ — Kennzeichnend für seine demütige und selbstlose Liebe sind die Bemerkungen, mit denen er den Entzug der geistlichen Leitung der Philosophen und Theologen des Seminars sich aufzeichnet (am 9. Jan. 1917): „Gestern erhielt ich meine Bestimmung: das Amt eines geistlichen Vaters im Seminar aufzugeben. Ich fühlte großen Trost, weil Du auf diese Weise mehr geliebt wirst. Ich genügte den Anforderungen nicht. Groß war Deine Barmherzigkeit und Freigebigkeit, weil Du mich berufen hattest, daß ich an einem fruchtbaren Orte Dir diente. Aber ich entsprach nicht den Erwartungen.“ Und dann fügte er das schöne Wort hinzu: „Nichtsdestoweniger wird niemand Dich mehr lieben als ich… Gern gebe ich dieses fruchtbare Amt ab, ja sage Dir deshalb Lob und Dank, da Du durch Vermittlung anderer besser geliebt wirst. Oft sagte ich doch: ich will nicht Deine Geschenke, sondern Deine Liebe. Jetzt habe ich Gelegenheit, dies wahr zu machen.“ — Ein Ausdruck seiner ehrlichen Demut ist auch noch seine Schlußbemerkung: „Innigst freue ich mich, daß Du diese Gesinnungen der Dankbarkeit, Unterwürfigkeit und edler Liebe in mein Herz gelegt hast. Ich erkenne nämlich, daß diese Gesinnung ein Wunder Deiner Gnade ist.“ — Zum Teil trug sicher zu einem gewissen äußeren Mißerfolg der Umstand bei, daß es dem P. Reus, wenigstens in den Jahren seines äußeren Wirkens, nicht gegeben war, leutselig und anziehend zu erscheinen; erst im späteren Alter speigelte auch das gütige Lächeln seines Antlitzes mehr die reife Milde und innere Heiligkeit wider. Im August 1916 berichtet der Diener Gottes von Vorhaltungen, die ihm sein Beichtvater machte. Diese waren zwar offensichtlich und vielleicht gewollt übertrieben, aber sie zeigen doch deutlich die Grenzen und Schwächen in der menschlichen Anlage des P. Reus: „Wenn man mir begegne“ — so schreibt dieser selbst die Anklagen des Beichtvaters nieder — „so sei man versucht, mir auf ein paar Schritte Abstand auszuweichen. Meine Körperhaltung sei unnatürlich. Die Bescheidenheit der Augen sei übertrieben. Ich schrecke die Knaben von mir ab, so daß sie mich eher fürchten als lieben… Es sei schon nicht mehr natürlich zu erklären, wie ich das (ständige Fasten und die vielen Strengheiten) aushalte.“ — Auch dieser Beichtvater hatte keine Ahnung, wie sehr P. Reus unter einer unmittelbaren und außerordentlichen Führung Gottes stand und wie er auch nicht eine Linie vom Gehorsam abwich. Der Missionsobere hatte nämlich dem Diener Gottes geraten, auch mit dem Beichtvater nicht von seinen inneren Wegen zu sprechen, denn er wollte der Gefahr einer doppelten oder sich widersprechenden Seelenführung vorbeugen. Den Pater selbst aber ließ gerade das Bewußtsein der erhaltenen Gnaden und der daraus folgenden Verpflichtung alles, was er tat, für zu wenig erscheinen: „Manchmal sagte ich zu mir selbst: es wird beim Gericht einst eine Überraschung sein, wenn man sieht, wie wenig ich in Wirklichkeit getan habe.“ Daß dieses „Wenige“ aber doch alles war, was P. Reus geben konnte, verrät er, ohne es zu wollen, selbst mit den Worten: „So pflegte ich es zu machen: Ich ging überall so weit, daß entweder Befehl der Oberen oder physische Unmöglichkeit meinem Tun ein Ziel setzte oder Krankheit mich belehrte, ich sei zu weit gegangen. Dies war und ist auch heute noch mein Grundsatz.“ (So schrieb er im Jahre 1936).

Wenn wir versuchen wollen, in einem Worte das Kennzeichnende des außergewöhnlichen Innenlebens unseres Paters anzudeuten, so drängen sich unwillkürlich die Worte aus dem fünften Buche des Moses auf: „Dominus, Deus tuus, ignis consumens est: der Herr, dein Gott, ist ein verzehrendes Feuer“ (Deut. 4,24). P. Reus ward ausersehen und machte sich selbst zum Opfer dieser verzehrenden göttlichen Liebe. Schon in frühen Jahren hatte ihm Gott ein großes Verlangen eingegeben und ihm die Bitte auf die Lippen gelegt: „Herr, gib, daß ich Dich liebe — daß ich Dich im Werke liebe!“ Und diese Bitte und Sehnsucht wollte der Herr in einem Maße und in einer Weise erfüllen, die sein Diener niemals geahnt hätte und die angedeutet ist in oftmals wiederkehrenden Worten wie diese: „Es gefällt Gott, mich brennen zu sehen in den Flammen, die Er sebst entfacht und wobei Er mir die zärtlichsten Äußerungen der Liebe einhaucht, so innig, so zärtlich, daß ich ihnen Raum gebe, nur weil Er es will, unter einer Art von Schauer in Gedanken an seine unendliche, furchtbare Majestät… Ich weiß überhaupt nichts anderes zu tun als lieben, nur lieben!… Ich kam ins Zimmer zurück und fühlte schon die Glut, die mich auf den Boden zu bringen drohte. Ich gab aber nicht gleich nach. Da geschah, was auch sonst des öfteren kam: Die Glut wurde noch ärger, so daß ich zu Boden sank. Sie erpreßte mir laut die Worte: Quia amore langueo. Quia amore ardeo. (Ich bin krank vor Liebe. Ich brenne vor Liebe). Und dann die innige Vereinigung mit Gott in vertrauter Liebe. Ich komme mir da vor wie ein Weihrauchkörnchen, auf glühende Kohlen gelegt. Es brennt dann auch mein ganzer Leib, wie ich wenigstens ohne Täuschung wahrzunehmen glaube, in dem Feuer, das ihm von außen kommt. Ich liebe mit einer Liebe, die sozusagen nicht mein Eigentum ist… In der hl. Messe, beim Domine non sum dignus, war ich wie eine Flamme, oder vielmehr das Feuer brannte aus dem Körper, aus den Händen heraus, wie das Feuer aus einem brennenden Scheite“. So berichtete er im Jahre 1923. Und wiederum 15 Jahre später, um nur noch ein Beispiel hierfür anzuführen: „Während der hl. Messe sah ich die Worte, z.B. beim Staffelgebet, wie Feuersonnen aus meinem Munde aufsteigen… Es sind die Liebesakte. Das Breviergebet sah ich ebenfalls in Form von Feuersonnen aus meinem Munde hervorgehen. Gegenüber den Gotteslästerungen, durch welche die hl. Majestät Gottes und die des hl. Herzens Jesu insbesondere so tief beleidigt und betrübt wird, trösten die göttlichen Worte des Breviergebetes den lieben Heiland und verherrlichen Gottes unendliche Hoheit und Majestät. Nachher sah ich auch andere Gebete in ähnlicher Weise aus dem Munde zu Gott emporsteigen. Ich zeichne, weil ich muß.“ — Zum Verständnis dieser letzten Bemerkung muß man wissen, daß eine — vielleicht einzig dastehende — Eigentümlichkeit der Tagebücher von P. Reus darin besteht, daß er vielfach seine Erlebnisse oder wenigstens seine Visionen nicht bloß beschreiben, sondern auch zeichnen mußte. Diese kleinen Federzeichnungen sind zwar keine Kunstwerke, aber sie verdeutlichen doch das Erlebte weit mehr, als es Worte je vermocht hätten, und ohne diese beigefügten Zeichnungen würde vieles, was P. Reus berichten muß, unverständlich bleiben.

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P. Johannes Baptista Reus SJ – Teil 4

Posted by conservare - 20/10/2009

Mystische Gnaden

„Ich erkannte, wie ich sozusagen das ewige Leben schon begonnen habe, indem ich nicht mehr nur im Glauben und aus der Ferne für Gott lebe, sondern indem ich das göttliche Leben erfahre und dessen Einfluß fühle.“ (P. Reus am 14.12.1912).

Vorboten

P. Joh. Baptist Reus war insofern ein Kind unserer Zeit und seines, des deutschen Volkes, als er einen anerzogenen und vielleicht „angeborenen“ und tiefen Widerwillen gegen alles Außergewöhnliche und Mystische hatte. Zwar hatte er schon in seinem ersten Priesterjahre gelegentlich mystische Gnaden; doch, wie er selbst sagt, dachte er dabei gar nicht an Mystik, die ihm etwas „ganz Weltfremdes“ war. — Als er Kaplan in Neuhaus war, machte er auch nachts Besuche des Allerheiligsten und suchte dabei „möglichst nahe beim göttlichen Heiland zu sein“. Dabei überkam ihn einmal, wie er schreibt, „die Nähe Gottes. Es schien mir, als ginge ich in Gott ein und als sei ich ganz eingetaucht in Ihn, zugleich mit dem süßesten inneren Frieden. Ich wußte damals nicht, was es sei. Erst ungefähr 20 Jahre später durchschaute ich die Gnade, die mir Gott damals gegeben hatte“. Im Noviziat der Jesuiten (1895) fühlte er einmal „eine ganz ungewöhnliche Liebe zur allerseligsten Gottesmutter und gab ihr Titel, die etwas ungewöhnlich waren“. Der Novizenmeister machte daraufhin die Bemerkung, er solle „vorsichtig sein mit dem mystischen Weinkeller“. So riß P. Reus bei seiner entschiedenen, energischen Art kurzerhand all jene Stellen aus seinem geistlichen Tagebuch heraus. In seiner Selbstbiogrpahie, die er im Alter von 66 Jahren schrieb, machte er aber diesbezüglich doch die fragende Bemerkung: „ob mit Recht?“ — Auch von seinen ersten Ordensjahren kann er sagen: „Oftmals… konnte ich infolge Deiner Liebe und Freigebigkeit Deine Süßigkeit verkosten“; und über die Jahre in Rio Grande do Sul (1901-1911) schrieb er:“Auffällig war mir, daß ich bei der Betrachtung zuweilen Gott sehr nahe fühlte. Es war mir, als ob er auf mich herabkäme und auf mir ruhe, so daß ich ihn ganz nahe fühlte. Ich wußte nicht, was das sein sollte“. — Die entscheidenden Ereignisse in seinem Innenleben, die ihn auch seines gottgewollten Weges erst bewußt werden ließen, traten aber im Jahre 1912 ein, als er in Porto Alegre die Männerkongregation zu leiten hatte. „Einmal“ — so schreibt er — „war ich in der Hausbibliothek. Während ich einzelne Bücher durchmusterte, fiel mir auch eines in die Hand, das über Mystik handelte. Ohne es weiter zu öffnen, stellte ich es schnell wieder an seinen Platz. Unsere ganze Erziehung machte uns gegen alle Mystik derart abhold, daß ich nichts davon wissen wollte! — Während des Jahres machte ich aber sonderbare Erfahrungen… Am 26. August, während des Mittagsexamens, kam eine solche Glut in mein Herz, daß ich sie nur mit den heftigsten Seufzern lindern konnte. Plötzlich wurde diese Liebe, die von oben kam und fühlbar mein Herz entzündete, derart vermehrt, daß ich auf unsagbare Weise sie nicht mehr zu ertragen vermochte“. Nun machte er dem langjährigen Missionsoberen, P. Franz X. Zartmann S.J. (+1946), von den Vorgängen Mitteilung und dieser erklärte schließlich, sie seien „wahrhaftig von Gott“.

Aus dem Tagebuch von P. Johann Reus

Bei Beginn der heiligen Wandlung merkte ich plötzlich, daß der liebe Heiland vom Kreuz unmittelbar vor mir war. Doch achtete ich weiter nicht darauf. Es könnte ja schließlich eine Täuschung sein. Aber nach der Anbetung der heiligen Hostie nahm ich zweifellos den lieben Heiland am Kreuz wahr. Sobald ich die ersten Worte sprach: Hic est… fielen Tropfen des heiligen Blutes aus der heiligen Seitenwunde in meinen Kelch. Als ich fortfuhr: calix sanguinis mei, floß das heilige Blut strömend hernieder in den Kelch hinein. Heilige tröstliche Wahrheit! Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes fließt wirklich, wenn auch unter einem Schleier verborgen, unter meiner Hand auf dem Altar. Welche Gnade für mich, daß er für mich den geheimnisvollen Schleier weggezogen und die Wirklichkeit mir zu zeigen sich gewürdigt hat! 17. Januar 1940

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P. Johannes Baptista Reus SJ – Teil 5

Posted by conservare - 20/10/2009

Geistige Stigmatisation

Nun kam, am 7. September 1912 ein ganz entscheidender Tag, dessen Gedächtnis P. Reus alljährlich mit einer neuntägigen Andacht beging. Geben wir wieder dem Pater selbst das Wort: „O gütigstes Herz Jesu! Ich weiß nicht, was ich von Deiner unaussprechlichen Liebe sagen soll. Während der letzten Nacht bin ich verschiedene Male aufgewacht und Du warst bei mir mit Deiner wahrnehmbaren Gegenwart, und ich bat Dich mit zärtlichsten Worten um Deine Liebe. — In der Betrachtung hast Du einige Male auf mich geblickt. Obwohl ich mich dunkel der gestrigen Gegenwart Mariens, Deiner hl. Mutter, erinnerte, hatte ich doch nicht das Glück, sie wahrzunehmen. Obwohl gestern diese Gegenwart meinem Geiste auf das lebhafteste eingeprägt blieb, so daß ich oft in Gedanken wiederholte: Wie ist dies doch möglich, daß die süßeste Mutter zu mir kommt und dies so gewiß war, daß ich noch drei Stunden nachher beim Eintritt in mein Zimmer vorher mein Haupt entblößte in Gegenwart der Mutter, die noch wahrnehmbar gegenwärtig war — heute fühlte ich doch fast nichts davon. — Aber plötzlich überkam mich Deine heftige Liebe, entflammte meinen ganzen Körper, so daß er mir zu brennen schien, und riß mich nach oben, so daß die Arme ausgespannt blieben. Eine ungeheuere Feuerflamme schoß hernieder und ich nahm wahr, wie einige Pfeile in mein Herz geflogen kamen. Ich schrieb dies der Phantasie zu und wollte eine Täuschung vermeiden. Aber ich konnte nicht (die Erscheinung zerstören). Im Gegenteil, ich erkannte, daß fünf Lichtstrahlen sich auf die fünf Stellen meines Leibes richteten, an denen Du Deine hl. Wunden bewahrst. Ich wollte zuerste eine Täuschung meiden und dies Phantasma ausschlagen. Da ich nicht konnte, wehrte ich mich und flehte zu Dir: Nein, meine Liebe! Dies wiederholte ich verschiedene Male, schloß die Hände und zog die Füße von ihrem Orte weg. Es war ein wahrer Kampf. Aber je mehr ich mich wehrte, umso klarer erkannte ich die fünf Strahlen. Objwohl ich nichts mit den Augen sah, war die Vision so klar, daß ich nicht zweifeln konnte, daß ich in meiner Seele Deine heiligsten Wunden empfangen habe… Diese Einprägung der Wunden vollzog sich in ganz kurzer Zeit. Dann ruhte ich ein wenig, wie bestürzt und ermüdet, um sodann in einen Strom von Tränen auszubrechen. Du warst von neuem gegenwärtig und ich opferte mich Dir auf, daß Du mit mir nach Deinem hl. Willen verfügen mögest, wobei ich meiner geistigen Armut und Schwäche eingedenk blieb und Dir für diese unverhoffte Wohltat Dank sagte.“

Weil die Sache ihm selbst, und ihm vielleicht am meisten immer wieder unbegreiflich war und unglaublich vorkommen wollte, hat sich Pater Reus päter die Gründe für die Echtheit der unsichtbaren Wundmale zusammengestellt und unter anderen folgende aufgezählt: „Ich habe die Wundmale nicht gesucht; habe gar nicht daran gedacht; habe mich dagegen gewehrt, als ich sie erhielt. Ich fühlte sie später so heftig, daß ich vor Schmerz zu Boden sank, obwohl ich den festen Vorsatz machte: ich will es ertragen. — Diese Gnade hat mich nie stolz gemacht. Im Laufe der Zeit gewährte mir der göttliche Heiland immer größere Gewißheit, und zwar dadurch, daß das Empfinden der Wundmale beständig wurde und noch immer ist, und zwar auch dann, wenn ich zerstreut bin.“ — Am Heiligen Abend 1916 schrieb er: „In der Betrachtung fühlte ich die Wundmale äußerst stark, und zwar zum erstenmal, während ich im Zimmer hin und her ging. Und so heftig, daß ich laut aufstöhnte und nicht an mir halten konnte. Es schien mir, daß Blut aus meinen Wundmalen floß, was ich bisher nie gefühlt habe. Dies alles geschieht, wie ich glaube, damit die Wundmale um so sicherer feststehen, da ich immer zum Zweifel geneigt bin. Aber ich habe sie schon so oft gefühlt, bei so verschiedenen, ungewöhnlichen unerwarteten Gelegenheiten, daß ich vernünftigerweise nicht mehr zweifeln kann. Wer sollte heute, am Weihnachtsabend, schmerzende Wundmale erwarten? — Ich fühlte sie in knieender Stellung, zu Pferd, in der Kapelle, aber nicht im Zimmer; fühlte sie (andere Male) im Zimmer, aber nicht in der Kapelle; ich fühlte den Schmerz beginnen nach einer Stunde der Betrachtung, ein andermal nach einer halben Stunde, ein paarmal von Anfang der Betrachtung an; fühlte alle Wunden zusammen, fühlte nur eine: die des Herzens; fühlte sie in stechendem Schmerz, fühlte sie zwei Wochen andauernd, fühlte sie ein andermal nur in der nächtlichen Anbetung, fühlte sie nicht, wenn es wahrscheinlich war, daß sie schmerzten.“ — So wollte der Herrr, daß sein Diener die Beweise der unbegreiflichen Liebe, die Jesus selbst uns durch seine Wunden gegeben hat, geheimnisvoll durch seine Gnade fortsetze, und P. Reus hat diese so schmerzliche und ihm doch so teuere Last verborgen 35 Jahre lang, nämlich bis zu seinem Tod, getragen.

Er betrachtete diese Gnade der geistigen Einprägung der Wundmale aber vor allem auch als eine Verantwortung und heilige Verpflichtung. So schrieb er z.B. im Jahre 1918: „Was wollen die mystischen Wundmale, die ohne Zweifel meiner Seele eingeprägt sind? Nur zum Schmuck dienen? Unmöglich. Sie bedeuten etwas, verlangen etwas. Und das werde ich ausführen, allen Schwierigkeiten zum Trotz.“ — Die große Wirkung der Gnaden, die P. Reus erhielt, und zugleich ein untrüglicher Beweis für ihre Echtheit war vor allem ein glühendes — in diesem Fall buchstäblich glühendes, ja „brennendes“ — Streben nach vollkommener und steter Liebe und nach gänzlicher, innerer Umgestaltung in Christus, die Quelle und das Urbild aller Heiligkeit. Immer wieder in den Aufzeichnungen tritt dieses brennende Liebesverlangen hervor, z.B.; „Nichts verlange ich, als Dich mit seraphischer Liebe zu lieben. — Ich bat Dich, Deine Gnaden zu beschleunigen, damit ich Dich vollkommen liebe. — Gib, o mein süßester Jesus, daß ich gänzlich in Dich umgestaltet werde! — „Ihn“ lieben, das war und ist mein einziger Gedanke. — Gib, daß ich Dich wahrhaft liebe und meinen Leib mit Deinen heiligen Wunden durchbohre durch Abtötung und allseitige Heiligkeit! — Ich wiederholte eine Zeitlang, was ich schon so oft immer und immer wieder sagte: Eile! eile! eile!, d.h., daß ich in Dich umgewandelt werde!“ — Dabei hatte er einmal, am 9. Mai 1915, folgende Erkenntnis: „Oft bat ich, daß Du mich umwandelst. Ich glaube, erkannt zu haben: wenigstens die erste Umwandlung müsse statthaben, indem ich meine irdischen Wünsche durch Deine hl. Wünsche, meine Beweggründe zum Handeln durch Deine hl. Handlungsweise ersetze, so daß mein Herz zum handeln bestimmt wird durch dieselben ewigen Gründe, wie Dein süßestes Herz… Du hast Dich gewürdigt, mir einen ungewöhnlich großen Geschmack an geistlichen Dingen einzugießen und hast mich erleuchtet, so daß ich einsah, wie unvollkommen meine Handlungsweise ist.“ — Am Herz-Jesu-Fest des Jahres 1915 blieb er bis Mitternacht in der Kapelle „kniend vor dem Altar und wiederholte immer: Heile mich, o Herr, wandle mich um in Dich!… Mach, daß ich Dich mit aller Kraft liebe!“ — Unter dem Datum des 14. November 1912 lesen wir das schöne Wort, das aber treffend die unbedingte Entschiedenheit des P. kennzeichnet: „Ich ruhte an Deinem hl. Herzen und bat Dich in aller Demut, Deine Gnade zu beschleunigen und mich zur vollständigen Vereinigung zuzulassen, denn meine Seele hungert und dürstet nach Dir und nimmt jede Bedingung an, die Dein süßester Wille machen will. O mein Jesus, gib, daß ich Dich liebe!“

Es wird sich wohl mancher wundern über die zärtlichen Worte und Ausdrücke, die P. Reus gebraucht, wenn er vom Heiland oder seiner heiligsten Mutter spricht. Am meisten ist aber vielleicht der darüber verwundert, der den Pater in seinem gewöhnlichen Umgang kannte und damit wußte, daß er das gerade Gegenteil von jeder Sentimentalität war. Mit Recht hat ein ehemaliger Mitnovize ihn als den „Mann ohne Kompromisse“ bezeichnet. — Mit der gleichen Geradheit und „Kompromißlosigkeit“ hat er Gott auch in der Tat und im Opfer über alles geliebt und hat er wirklich alle Bedingungen und Wünsche erfüllt, die Gott ihn wissen ließ. Daher sein besonderer Zug zur inneren und äußeren Abtötung und schließlich sein Gelübde „immer das zu tun, was er als vollkommener erkenne“. — Am 4. November 1912 spricht er von seinem großen Verlangen, „ärmlich zu leben“, damit Gott ihm die Gnade einer größeren Vereinigung geben könne; am 30. des gleichen Monats gesteht er: „O süßestes Herz Jesu! Es scheint mir, daß Du mich schnell erhört hast, indem Du mich auf unwiderstehliche Weise antreibst, Speise und Trank einzuschränken, damit Du mich für Deine Gnade empfänglich machst, ohne daß der Körper Schaden leidet. Gib, daß ich Dir gefalle!… Gib, daß ich Dich wahrhaft liebe als Liebhaber des Kreuzes!“ Im Mai 1915 erlaubte der Missionsobere P. Zartmann dem P. Reus — neben dessen gewöhnlichen Bußwerken — folgende Übungen: jede Woche einmal bis Mitternacht vor dem Allerheiligsten in der Kapelle zu bleiben, dreimal in der Woche kein Frühstück zu nehmen und immer nur auf Brettern zu schlafen. Nach Erhalt des betreffenden Briefes schrieb P. Reus in seinem Tagebuch: „Der natürliche Mensch in mir hatte keine besondere Freude an dieser Erlaubnis, weil ich ein niedrig und erdhaft gesinntes Geschöpf bin. In meinem Herzen fühlte ich einige Minuten lang gar nichts von irgendeiner seelischen Regung. Aber nachher, als ich ins Zimmer getreten war, fühlte ich (auf dem Gange in unmittelbarer Nähe der Türe) mich sozusagen körperlich auf wunderbare Weise eingeschlossen in Dein hl. Herz mit der Versicherung: ich werde dich beschützen..“ — Diesen Schutz hatte der Diener Gottes in der Folge sehr nötig; denn, wie zu erwarten war, bekämpften manche Mitbrüder und Vorgesetzte des P. Reus immer wieder, namentlich dessen Fasten, das sich nicht, wie die anderen Bußübungen, verheimlichen ließ. Aber gegen Ende seines Lebens konnte der Pater folgende „Eigentümlichkeit“ verzeichnen: „Diejenigen, die — sicher in guter Absicht, um mein Leben nicht in Gefahr zu bringen — am meisten Widerstand leisteten gegen die Bußwerke, die ich früher verrichtete, sind nun alle tot: Obere verschiedenen Grades, und ich lebe noch. Doch habe ich nie etwas getan ohne Erlaubnis der Oberen, und wenn Einschränkung verlangt wurde, sie pünktlich befolgt“. Über seine sonstigen Abtötungen sagt folgende Bemerkung aus dem Jahre 1935 genug: „Einmal las ich, daß manche jeden Tag die Opfer aufschreiben, die sie bringen. Der Gedanke gefiel mir. Als ich an die Ausführung ging, merkte ich, daß ich ungefähr mein ganzes Leben aufschreiben müßte, wegen der „ständigen Abtötung in allen Dingen“. Am 8. Januar 1916 legte er schließlich mit Erlaubnis des Missionsoberen das Gelübde ab, das er schon seit Jahren als Anregung im Herzen getragen hatte und das er dann geradezu als seinen „Lebensberuf“ bezeichnete: immer das zu wählen und zu tun, was er als vollkommener erkenne. Und er konnte am Ende seines Lebens bekennen: „Überlegterweise, glaube ich, habe ich es nie übertreten“.

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